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Friedrich Johann Michael Rückert (* 16. Mai 1788 in Schweinfurt; † 31. Januar 1866 in Neuses (heute Teil von Coburg); Pseudonym Freimund Raimar, Reimar oder Reimer) war ein deutscher Dichter, Sprachgelehrter und Übersetzer sowie einer der Begründer der deutschen Orientalistik. Rückert beschäftigte sich mit mehr als 40 Sprachen und gilt als Sprachgenie. Zu seinem Freundeskreis zählten der Dichter August von Platen, der Philosoph Friedrich von Schelling und der Universalgelehrte Johann Wilhelm Andreas Pfaff. Rückert ist Namensgeber des Friedrich-Rückert-Preises und des Coburger Rückert-Preises.
Friedrich Rückerts Vater Johann Adam Rückert (* 3. Januar 1763 in Schwarzbach; † 30. Dezember 1835 in Schweinfurt), ein Rentbeamter, wurde 1792 nach Oberlauringen in Unterfranken versetzt. Die Eindrücke seiner dort verlebten Frühjugend hat Rückert in dem 1829 entstandenen Zyklus Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannssohns in poetisch-humoristischen Genrebildern dargestellt.
Nachdem er auf der Lateinschule in Schweinfurt die akademische Vorbildung erhalten hatte, begann er 1805 zunächst ein Studium der Rechte an der Universität Würzburg, wandte sich jedoch bald bis 1809 ausschließlich dem Studium der Philologie und Ästhetik zu. Während dieser Zeit war er auch beim Corps Franconia Würzburg aktiv. Die Familie zog 1809 nach Ebern, wo Rückert im kommenden Jahrzehnt häufig zu Besuch war.
1810 wurde er in Hildburghausen in die Freimaurerloge Karl zum Rautenkranz aufgenommen. Nach einer kurzen Anstellung 1811 als Dozent in Jena und einer darauffolgenden, ebenfalls kurzen Beschäftigung als Gymnasiallehrer zog sich Rückert für eine Weile ganz von amtlicher Tätigkeit zurück und ließ sich als Privatgelehrter in Würzburg nieder. In den folgenden Jahren wechselte er seinen Wohnsitz häufig zwischen Würzburg, Hildburghausen und dem Elternhaus in Ebern.
Populär wurde Rückert zunächst mit seinen Geharnischten Sonetten, die er unter dem Pseudonym Freimund Raimar gegen die napoleonische Besatzung schrieb. Diese Sonette in vier Abteilungen wurden 1814 ohne Angabe von Verlag und Druckort veröffentlicht.
1815 ging Rückert auf Anregung des Ministers von Wangenheim nach Stuttgart, wo er die Redaktion des poetischen Teils des Cotta’schen Morgenblatts für gebildete Stände übernahm, den Kranz der Zeit (1817) und Napoleon, eine politische Komödie in zwei Stücken (1816–1818) erscheinen ließ. Er trug sich mit dem Plan einer Reihe von Hohenstaufenepopöen, den er später jedoch fallen ließ.
Im Herbst 1817 reiste Rückert nach Italien, wo er den größten Teil seiner Zeit Kontakt mit deutschen Künstlern pflegte, die sich in Rom aufhielten. Seit dem Italienaufenthalt war Rückert mit dem Zeichner und Kupferstecher Carl Barth befreundet. Die Redensart „Mein lieber Freund und Kupferstecher“ ist ein Rückert-Zitat. Im Oktober 1818 fuhr er nach Wien, wo er bei Joseph von Hammer-Purgstall (1774–1856) Persisch lernte.
Im Februar 1819 traf Rückert wieder in Ebern ein. Bis 1826 lebte er als Privatgelehrter vornehmlich in Ebern und Coburg. In dieser Zeit beschäftigte er sich unter anderem mit Teilübersetzungen des Koran, der Übersetzung der Hamasa des Abu Tamman (788–845) sowie der Herausgabe seines ersten großen Gedichtbandes Oestliche Rosen. Die mit Bezug auf den großen persischen Dichter Hafis entstandenen Gedichte erschienen 1822 als Antwort Rückerts auf Goethes West-östlichen Divan.
1821 zog er nach Neuses bei Coburg ins Haus des Archivars Fischer. Am 26. Dezember 1821 heiratete er dessen Tochter Luise Wiethaus-Fischer. Das Paar hatte zehn Kinder.
Rückert folgte 1826 einem Ruf als Professor der orientalischen Sprachen und Literaturen nach Erlangen.
Erschütternd sind seine Kindertodtenlieder, in denen er den frühen Tod (Winter 1833/1834) seiner beiden Lieblingskinder beklagt.
König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen berief ihn 1841 nach Berlin und verlieh ihm am 31. Mai 1842 den preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste. Dort wohnte er bis 1848 mit häufigen Unterbrechungen, da er sich dort wenig heimisch fühlte. Der König entließ ihn und gewährte ihm für den Rest seines Lebens die Hälfte seines bisherigen Gehaltes. Ab 1848 wählte er seinen Ruhesitz in Neuses bei Coburg, wo er ein Gut besaß. Dort schuf er sich ein Refugium auf dem nahegelegenen Goldberg.
In den Jahrzehnten vor und nach der Berufung nach Berlin blieb Rückert gleich produktiv, wovon seine Haus- und Jahreslieder zeugen. 1846 erschien nach langjährigen Vorarbeiten die Hamasa.
Seit 1846 entstand in den beiden Altersjahrzehnten das von ihm so genannte Liedertagebuch, mehrere 1000 Gedichte mit zumeist autobiographischem Hintergrund. Von diesen Gedichten veröffentlichte Rückert selbst kaum etwas.
Friedrich Rückerts Grab befindet sich neben der Dorfkirche von Neuses.
Mit folgenden 44 Sprachen hat sich Friedrich Rückert übersetzend, lehrend oder sprachwissenschaftlich beschäftigt.
Rückert war außerdem ab 1832 korrespondierendes und ab 1859 auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Ein großer Teil von Rückerts umfangreichem Nachlass befindet sich im Schweinfurter Stadtarchiv. Die Universitäts- und Landesbibliothek Münster bewahrt seit 1922 einen Großteil des orientalistischen Nachlasses. Weitere Teile des Nachlasses sind auf mehrere Standorte verteilt, z. B. Berlin, Marbach, Weimar und Wien.
Viele Gedichte von Rückert sind als Lieder vertont worden. Sehr bekannt ist die Vertonung der Kindertotenlieder und der Fünf Rückertlieder durch Gustav Mahler. Bereits 1859 vertonte Robert Radecke das Gedicht Aus der Jugendzeit.
Auch andere Komponisten wie Franz Schubert, Robert Schumann, Clara Schumann, Johannes Brahms, Carl Loewe, Heinrich Kaspar Schmid, Richard Strauss und Felix Draeseke vertonten Texte von Rückert. Der Komponist Heinrich Kaspar Schmid vertonte in op. 8 So wandl' ich in Gedanken für Bariton und Klavier. Im Liederspiel zur Laute, oder auch Klavier op. 31 vertonte er sieben Lieder (Hüter, spät und früh; Im Frühling; Die nickende Mutter; Liebe im Kleinen; Lockvogel; All Liebe; Herbsthauch). 1993 vertonte Anne Clark mehrere Gedichte Rückerts (u. a. Ich bin der Welt abhanden gekommen) in ihrem Album The law is an Anagram of Wealth.
Bildnisse von Friedrich Rückert haben unter anderem Carl Barth (siehe Bild oben), Bertha Froriep (siehe Bild unten) und Carl August Hohnbaum (1825–1867) angefertigt.
Es existieren mehrere öffentliche Denkmäler des Dichters an den Orten seiner Lebensstationen, z. B. in Coburg und Schweinfurt.
Am 28. Oktober 1869 wurde im Garten von Rückerts Haus in Neuses, im späteren Rückert-Park, ein Rückert-Denkmal enthüllt: eine überlebensgroße Büste aus Carrara-Marmor, geschaffen vom Hofbildhauer Ferdinand Müller aus Meiningen, auf einem Syenitsockel. Das Modell zu dieser Büste hatte der Bildhauer Carl Ernst Conrad aus Hildburghausen bereits 1844 in der Berliner Akademieausstellung ausgestellt. Später war das Modell in den Besitz des bayerischen Königs gelangt.
In Schweinfurt, dem Geburtsort des Dichters, wurde auf dem Marktplatz am 18. Oktober 1890 ein Denkmal enthüllt, das Rückert in einem Lehnstuhl sitzend darstellt. Zu seinen Füßen ruhen zwei weibliche Figuren, die als Allegorien für Rückerts Gedichtzyklen Geharnischte Sonette und Die Weisheit des Brahmanen stehen. Friedrich von Thiersch entwarf die architektonischen Teile, der Bildhauer Wilhelm von Rümann gestaltete die plastischen Teile. Der Bronzeguss wurde von der Münchener Erzgießerei Wilhelm Rupp ausgeführt.
Auf dem Berliner Kreuzberg ist eine Herme Rückerts zu finden, die der Berliner Bildhauer Ferdinand Lepcke im Jahr 1899 gepickelt hat. Der Kopf des Dichters ist ein wenig nach rechts gewandt. In der linken Hand hält er ein offenes Schreibheft, in der rechten einen Federkiel. Am Fuße des Sockels steht ein Leier spielender Putto.
Das Brunnen-Denkmal im Erlanger Schlossgarten wurde 1904 in gedrungenen Jugendstilformen errichtet.
Das seit Mai 2017 geöffnete Friedrich-Rückert-Poetikum in Oberlauringen erinnert an seine, von 1793 bis 1803 dort verbrachte Kindheit als Dorfamtmannssohn.
Die Stadt Schweinfurt vergibt seit 1965 den Friedrich-Rückert-Preis. Seit 2008 vergibt die Stadt Coburg den Coburger Rückert-Preis.
In Berlin-Schöneberg trägt das Rückert-Gymnasium seinen Namen, in Ebern und Düsseldorf gibt es jeweils ein Friedrich-Rückert-Gymnasium.
In vielen Städten in ganz Deutschland wurden Straßen nach Rückert benannt, so z. B. zwei Straßen in Berlin-Charlottenburg und Berlin-Steglitz (der Tümpel am Gustav-Mahler-Platz in Berlin-Steglitz unweit der dortigen Rückertstraße ist auf dem Stadtplan als Rückertteich vermerkt). Dem Gedenken Rückerts war nach 1892 auch der Name einer vier Kilometer langen Straße in Berlin-Köpenick gewidmet; seit 1939 heißt sie Wendenschloßstraße. In Bremen - Neustadt gibt es die Rückertstraße mit dem denkmalgeschützten Ensemble der Häusergruppe Rückertstraße. Weitere Rückertstraßen gibt es unter anderem in Bayreuth, Düsseldorf, Köln, München und Stuttgart.
Zum 150. Todestag Rückerts fanden in Rückerts Geburtsstadt Schweinfurt unter dem Titel „Der Weltpoet. Rückertjahr 2016“ Ausstellungen und Veranstaltungen statt.
Im 19. Jahrhundert sind mehrere Auswahlausgaben erschienen, die als Leseausgaben noch immer eine gewisse Bedeutung haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind einige seiner Übersetzungen aus dem Nachlass herausgegeben worden. Rückerts Werke wurde in 20 Sprachen übersetzt.
Seit 1998 erscheint die Historisch-kritische Ausgabe in Einzelbänden.
Einzelne Werke