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Fritz Grünbaum, auch Fritz Gruenbaum, eigentlich Franz Friedrich Grünbaum (geboren am 7. April 1880 in Brünn, Österreich-Ungarn; gestorben am 14. Januar 1941 im KZ Dachau) war ein österreichischer Kabarettist, Operetten- und Schlagerautor, Regisseur, Schauspieler und Conférencier.
Die Kindheit und Jugend erlebte Grünbaum bei seiner Familie in Brünn, die einen Kunsthandel betrieb. 18-jährig schrieb er sich für ein Jusstudium in Wien ein. Dieses schloss er mit dem Absolutorium ab, in seiner Studienzeit wuchs sein Interesse für Literatur. Er begann nach dem Studium als Conférencier im Wiener Kabarett Hölle, wo er 1906 seinen ersten Auftritt in der Operette Phryne hatte. Ab 1903 verfasste er Libretti u. a. mit Robert Bodanzky und trat als Schauspieler in verschiedensten Nebenrollen auf vielen Wiener Kellerbühnen und Revuetheatern auf.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges reiste er auch immer wieder nach Berlin – erstmals im Jahr 1907 um im „Chat Noir“ aufzutreten – um dort als Conférencier in Rudolf Nelsons Theatern zu agieren. – Nelson über Grünbaum: „[…] wenn er nicht redete, wirkte er wie ein bemitleidenswertes Geschöpf, ein Nichts, zwischen den Kulissen wie verloren. Aber – wenn er den Mund auftat – ein ‚Feuerwerk des Gehirns‘. Schiesst pausenlos seine Witzraketen und Bonmots mit überdrehter Logik ins überraschte Parkett. Famose Begabung! Viel zu schade für Wien […]“.
1914 hatte Grünbaum seinen ersten Auftritt im Simpl, einem legendären Wiener Kabarett. Im Simpl trat er nach dem Ersten Weltkrieg wieder oft auf. Zusammen mit Karl Farkas entwickelte er dort ab 1922 die aus Ungarn stammende (und auch im Wiener „Budapester Orpheum“ zu sehen gewesene) „Doppelconférence“ weiter und führte sie zu einer Hochblüte (mit den Rollen des „Gscheiten“ und des „Blöden“; Farkas erklärt seinem Partner: „Das Wesen der Doppelconference besteht darin, dass man einen äußerst intelligenten, gutaussehenden Mann nehme – das bin ich – und einen zweiten, also den Blöden, dazustellt. Das bist, nach allen Regeln der menschlichen Physiognomie, natürlich du!“).
Grünbaum wurde von Bekannten als „bezaubernder Zeitgenosse“ beschrieben. Im Jahr 1910 ohrfeigte er einen k. u. k. Offizier im Lokal „Hölle“, als dieser inmitten des Programmes antisemitische Sprüche rief. Danach setzte er seine Vorstellung fort. Später forderte der Offizier Grünbaum zu einem Duell „auf Säbel und Pistolen“, bei dem Grünbaum verwundet wurde.
Grünbaum zog am 1. Februar 1915 in den Ersten Weltkrieg, nachdem er sich freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hatte. Im Frühling 1916 kämpfte er an der italienischen Front, kehrte desillusioniert zurück (im Rang eines Oberleutnants) und fiel von da an auch durch pazifistische Äußerungen auf.
Grünbaum war 1908 bis 1914 mit Karolina Nagelmüller verheiratet. 1916 heiratete er eine Kollegin Mizzi Dressl und am 10. November 1919 dann Lilly Herzl (Elisabeth, Nichte von Theodor Herzl), mit der er bis zuletzt zusammen blieb. Lilly Herzl konnte sich eine Zeitlang bei einer Freundin in Wien, Elsa Klauber, verstecken, wurde dann am 5. Oktober 1942 gemeinsam mit ihrer Freundin ins Vernichtungslager Maly Trostinez deportiert und starb dort vier Tage später.
Ab 1926 war Grünbaum am Wiener Bürgertheater tätig. In 18 Bildern ließen er und Karl Farkas mit der Musik von Egon Neumann im Journal der Liebe schöne Frauen ihre Beine zeigen und Rita Georg in einer Hosenrolle paradieren. In dieses Schema passte auch das am 1. Oktober 1926 beginnende Stück Wien lacht wieder. In dreißig Bildern führten Grünbaum und Karl Farkas (Musik von Ralph Benatzky) die vorjährige Schlagerrevue vor, die nichts an Popularität eingebüßt hatte. Dabei gab es 120 Mitwirkende und 900 Kostüme. Das Stück wurde ein Jahr lang aufgeführt.
Grünbaum pendelte sehr oft zwischen Berlin und Wien. In Berlin trat er in Filmen auf und schrieb Texte für Schlager und verfasste Drehbücher, in Wien war er in verschiedenen Kabaretts tätig. 1933 wurden seine Texte in Wien politischer. Bei einem seiner letzten Auftritte im Wiener Kabarett Simpl im Programm Metro Grünbaum – Farkas höhnende Wochenschau scherzte er noch bei einem Stromausfall, als die Lichter ausgingen: „Ich sehe nichts, absolut gar nichts, da muss ich mich in die nationalsozialistische Kultur verirrt haben.“ Am 10. März 1938, dem Tag vor dem Einmarsch der deutschen Truppen nach Österreich spielte er mit Karl Farkas ein letztes Mal im Simplicissimus. Danach erließ die Reichskulturkammer Auftrittsverbote für jüdische Künstler. Grünbaum versuchte einen Tag später mit seiner Frau in die Tschechoslowakei zu flüchten, wurde an der Grenze aber abgewiesen. Eine Weile versteckte er sich in Wien; dann wurde er verraten und am 24. Mai 1938 in das Konzentrationslager Dachau deportiert. Später wurde er nach Buchenwald und schließlich wieder nach Dachau gebracht. Er starb – laut Totenschein „an Herzlähmung abgegangen“ – am 14. Januar 1941 im KZ Dachau, nachdem er an Silvester noch ein letztes Mal vor seinen Leidensgenossen aufgetreten war. Er starb entkräftet von Tuberkulose, ; trotzdem verstummte seine spitze Zunge bis zum Schluss nicht. Er conferierte zum Beispiel, wie er das „Tausendjährige Reich“ zu besiegen gedenke oder dass der völlige Mangel und das systematische Hungern das beste Mittel gegen die Zuckerkrankheit sei. Als ihm ein KZ-Aufseher ein Stück Seife verweigerte, antwortete Grünbaum: „Wer für Seife kein Geld hat, soll sich kein KZ halten“. Sein Grab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (1. Tor; alter israelitischer Teil, Gruppe 20, Reihe 23, Grab Nr. 22).
Grünbaum war auch ein namhafter Kunstsammler. Nach der „Arisierung“ seiner Wohnung 1938 wurden die 453 Werke (u. a. Dürer, Rembrandt, Degas, Spitzweg, Kokoschka, 60 Arbeiten von Schiele) sowie seine Bibliothek zwangsverkauft. Verkaufsweg und Verbleib der Grünbaum-Sammlung konnten bis heute noch nicht zur Gänze aufgeklärt und nur teilweise restituiert werden. Fritz Grünbaum hat mit seinem prinzipiellen Pessimismus recht behalten: „Was nützt mir mein Geist, wenn mein Name mich schädigt? / Ein Dichter, der Grünbaum heißt, ist schon erledigt!“
In Dani Levys Film Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler wird Grünbaum in der Hauptfigur Adolf G. ein künstlerisches Denkmal gesetzt. Der geänderte Vorname „Adolf“ hat natürlich eine Bedeutung. Rotthaler meint, „Über Fritz G. mag man ins geheime Zentrum von Levys melancholischer Groteske gelangen. […] Denn natürlich verbirgt sich hinter dem […] Spiel […] die gute alte Doppelconférence.“ Er zitiert den New Yorker Aufbau, der aus Anlass der Ermordung Grünbaums in Dachau schrieb: „Das Schrecklichste war, dass er weniger wie ein Dachauer Häftling aussah, als vielmehr wie ein Dachauer Häftling, von Fritz Grünbaum gespielt. Man war auf eine Posse gefasst und es war eine Tragödie.“
Operetten, Theaterstücke
Lieder
als Schauspieler, wenn nicht anders angegeben