Werk und Wirkung
Richard Wagner war einer der großen Bewunderer Beethovens und zeigte sich zutiefst beeindruckt von der Größe und Bedeutung seines Werkes. Anlässlich der Zentenarfeier im Jahr 1870 bestaunte er den "Fokus der Lichtstrahlen der von ihm ausgehenden Wunderwelt". Diese übe eine unvergleichliche Wirkung auf die Zuhörer aus und sei geeignet, die Menschen von Grund auf zu erschüttern. In der gleichen Schrift, "Beethoven 1870", schreibt er:
"Gewiß ist es ein bezauberter Zustand, in den wir geraten, wenn wir bei der Anhörung eines echten Beethovenschen Tonwerkes in allen den Teilen des Musikstückes, in welchen wir bei nüchternen Sinnen nur eine Art von technischer Zweckmäßigkeit für die Aufstellung der Form erblicken können, jetzt eine geisterhafte Lebendigkeit, eine bald zartfühlige, bald erschreckende Regsamkeit, ein pulsierendes Schwingen, Freuen, Sehnen, Bangen, Klagen und Entzücktsein wahrnehmen, welches alles wiederum nur aus dem tiefsten Grunde unsres eigenen Innern sich in Bewegung zu setzen scheint."1 Auch die Musikschriftstellerin La Mara ist Zeuge, wie ein großes Publikum beim Anhören der neunten Sinfonie sich geradezu "elektrisiert" zeigte und sie selbst sich gefühlt habe wie in einem Gottesdienst.2
Offenbar erlebte man die Wirkung Beethovenscher Musik früher weitaus intensiver als in der Gegenwart, sonst fände sich dieses Thema nicht so häufig auf Bildpostkarten aus der Zeit des Deutschen Kaiserreiches. Beethoven ist der Hauptvertreter bedeutender Instrumentalmusik, einer Gattung, die sich der Übertragung ins Visuelle entzieht, sich jedoch in ihrer emotionalen Wirkung auf die Menschen sehr gut darstellen lässt. So sind Bilder auf den Postkarten entstanden, auf denen intensiv musiziert und der Klang dadurch wiedergegeben wird, dass er Spuren in Gesicht und Haltung der Zuhörer oder Interpreten hinterlässt. Man sieht, wie Publikum und Spieler die überwältigende Wirkung Beethovenscher Klänge verspüren und vom Kraftfeld der Musik sichtlich ergriffen sind.
1 Richard Wagner: Beethoven 1870. In: Ders.: Die Hauptschriften, hg. v. Ernst Bücken, 2. Aufl. Stuttg. 1956, S. 286 u. S. 285.
2 La Mara: Durch Musik und Leben im Dienste des Ideals, Bd. 2, 2. Aufl., Leipzig 1925, S. 116.
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