Beschreibung
In der Rubrik Neu-Heidelberg wurden Bildpostkarten mit überwiegend humoristischen Abbildungen von Studentinnen zusammengestellt, die seit etwa 1903 in Umlauf sind. Die Frauen gehören jener ersten Generation an, die in Deutschland ein Universitätsstudium beginnen darf. Sie sind neu in der Branche und unerfahren, daher werden sie gern mit ironischer Distanz und vielfach auch als Kinder dargestellt. Manche Frauen scheinen studentischen Verbindungen anzugehören. Sie tragen Farben, rauchen und trinken, singen Kommerslieder und haben scheinbar schon Mensuren hinter sich, wie die Serie „Neu-Heidelberg“ deutlich macht, auf der sie mit „Schmissen“ und typischen studentischen Umgangsformen abgebildet sind (
2_2_3_1-018 ff.). Spottkarten dieser Art sind Indizien dafür, dass man sich im deutschen Kaiserreich um die Wende zum 20. Jahrhundert nicht ganz leicht mit der Akzeptanz von Akademikerinnen getan hat. Im Jahr 1901 sind es die Universitäten Heidelberg und Freiburg, die als erste offizielle Zulassungen für Frauen in einigen Fächern ausgesprochen haben. Der 1902 erschienene „Roman einer Studentin“ von Rudolf Stratz „Alt-Heidelberg du Feine“ verweist auf die alte Universitätsstadt Heidelberg, schildert das Leben einer Studentin und bezieht die Tradition studentischen Singens in den Titel des Romans ein (Vgl. „Alt-Heidelberg du Feine“, Text von
Viktor von Scheffel, Melodie von
Anton Zimmermann,
2_2_3_3-003). Erst 1908 wird in Preussen den Frauen die Möglichkeit der Vollimmatrikulation - allerdings noch mit Einschränkungen - zugestanden. An verschiedenen Standorten gründen sie eigene studentische Verbindungen, von deren Existenz unter anderem auch ein Studentinnen-Liederbuch aus dem Jahr 1910 zeugt.
(Sabine Giesbrecht)
Literatur: Sabine Giesbrecht-Schutte: Alt-Heidelberg gegen Neuheidelberg. Was Studentinnen um 1910 gesungen haben. In: Frauentöne – Beiträge zu einer ungeschriebenen Musikgeschichte, hg. v. Alenka Barber-Kersovan, Annette Kreutziger-Herr u. Melanie Unseld, Karben 2000, S. 109-137.