Kategorien Prof. Dr. Sabine Giesbrecht ➔ 14. Kämpfe 1914-1918


Beschreibung


Nach der Schlacht bei Tannenberg blüht das Geschäft mit Hindenburgkarten (14.1) und Darstellungen der Winterschlacht in Ostpreußen. Die Verehrung für den siegreichen Generalfeldmarschall zeigt sich in Grußkarten, die ihn als Schmied der Zukunft, als Russenschreck oder Siegessonne im Osten abbilden. Man widmet ihm Heldengedichte, Lieder und Dankadressen. Von dieser Popularität wird er am Ende der Weimarer Republik noch zehren. Die Abbildungen anderer Generäle, etwa Ludendorff oder Tirpitz, fallen dagegen weitaus blasser aus.

Die Siege im ersten Kriegsjahr führen zu vorzeitigem Optimismus. Dieser äußert sich unter anderem in der auf etlichen Karten ablesbaren Einstellung, daß nicht nur Zar Nikolaus und die in Masuren geschlagenen Russen, sondern auch andere Feindesnationen baden gehn und Hiebe (14.2) einstecken müssen. 

Die Präsentation wirksamer Waffen (14.3), allen voran die dicke Bertha, eine Schöpfung der Firma Krupp in Essen, gehört zu den zentralen Themen der Feldpost und führt zu amüsanten Bildmotiven (Aber Bertha!). Die Artillerie mit ihrer gefürchteten Schlagkraft wird gern in Aktion vorgeführt, dabei darf die Artilleristenliebe jedoch nicht fehlen. 

Szenen mit Flugzeugen und Zeppelinen (14.4), Kriegsschiffen und Matrosen (14.5) zeigen unter anderem den gegenüber früheren Kriegen höheren technischen Standard des Militärs. In allen Bereichen der Kriegsmaschinerie, auch bei Infanterieabteilungen und Kavallerie (14.6), gibt es Karten mit Lied- und Gedichtserien, um die zu Hause gebliebenen Angehörigen anzusprechen.
Jenseits des Schützengrabens (14.7) tobt der Kampf, dessen Dramatik wirksam vorgeführt wird. Zugleich wird suggeriert, daß Gräben oder Unterstände genügend Deckung und Schutz bieten. 

Einer der Hauptfeinde, das falsche England, wird auf dem Luft- und dem Seeweg bekämpft, wodurch John Bull in Nöten ist und seine Ehre nur noch durch englische Suffragetten gerettet werden kann (14.8). Gegen den dreckigen italienischen Stiefel gehen Bildpostkarten mit einer deutsch-österreichischen Glanz-Wichse im 42 cm-Artillerie-Format vor. Das Lied Als die Römer frech geworden von Victor von Scheffel mutiert zu Als Italien frech geworden und fügt der Arminius-Tradition sowie der nationalen Bedeutung des Hermannsdenkmals im Teutoburger Wald eine kriegsspezifische Variante hinzu. 

Umfassend und in vielen Nuancen beschreibt die Bildpost den französischen Feind (14.9). Die dicke Bertha bedroht eine erschrockene Marianne, und französische Eindringlinge werden vom deutschen Michel mit Hinweis auf das Völkerschlacht- und das Niederwalddenkmal an die verlorenen Schlachten von 1813 und 1870 erinnert. Man brüstet sich mit den Siegen auf französischem oder belgischem Boden und stellt zur Abschreckung z. B. den Luftangriff auf Antwerpen und die Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen im Oktober 1914 mit Fotokarten dar.

Die französische Antwort darauf gibt eine Gruppe von etwa 60, teilweise ziemlich bunten Exemplaren französischer Feldpost (14.9.1). Die Franzosen schicken nicht nur ihre Marianne, sondern auch Jeanne dArc und Madame Alsace ins Feld, verspotten die Preußen mit ihren Pickelhauben und pflegen bei ihren Propaganda-Karten gleiche Genres wie die Deutschen: Waffenbrüder werden geehrt, Ehefrauen gedenken ihrer kämpfenden Männer, und Kinder beten inbrünstig: Mon Dieu, protégez mon cher Papa.
Das Thema Tod und Verwundung ist keinesfalls tabu, vielmehr sind ihm erstaunlich viele Karten gewidmet (14.10). Die Kaiserin verspricht den Toten treues Gedenken, Erblindete und Verletzte sieht man durch Landschaften wanken, Sterbende werden gestärkt durch Christi Zuspruch oder durch die Gegenwart eines Engels. Ihr Sterben erscheint gewürdigt durch die Darreichung eines Eisernen Kreuzes oder eines Lorbeerkranzes. Ich habe es nicht gewollt, meint der Kaiser, was angesichts der vielen Gräber doch einigermaßen überraschend wirkt. Krankenschwestern (14.10.1) werden idealisiert, aber in ihrer Tätigkeit auf Fotografien doch auch mit einem gewissen Realismus dargestellt.
(Sabine Giesbrecht)

[vgl. Giesbrecht, Sabine: Musik und Propaganda - Der Erste Weltkrieg im Spiegel deutscher Bildpostkarten. Osnabrück: Electronic Publishing Osnabrück, 2014. http://www.epos.uos.de/music/templates/buch.php?id=107]

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