Kategorien Prof. Dr. Sabine Giesbrecht ➔ 15. Heimat und Front 1914-1918 ➔ 15.7 Gruß von der Front ➔ 15.7.1 Frauen-Parolen


Beschreibung


Darstellungen von Frauen in Uniform, mit aufmunternden Grußworten (15_7_1-001, -003, -039 bis -041, -044m) und Parolen wie „Feldgrau ist zu jeder Zeit/ Das allerschönste Kleid“ (15_7_1-015a) auf den Lippen, dienen ebenso der Propaganda (15_7_1-050: „Wie bin ich stolz, ein deutsches Weib zu sein“) wie der Unterstützung kämpfender Soldaten (15_7_1-034: „Heil und Sieg“ oder 15_7_1-21: „Ran an den Feind“).

Sie sind das Pendant zu den zahlreichen Hosenrollen beliebter Militärstücke, in denen vor allem junge Kadetten und Fähnriche häufig von Frauen gespielt wurden. Die Herkunft aus dem Theater zeigt sich an verschiedenen Zudrucken. 
„Donnerwetter, tadellos“ (15_7_1-004 bis -015) zum Beispiel heißt das Titelcouplet einer Revue von Paul Lincke aus dem Jahr 1908. 
„Wir müssen siegen“ (15_7_1-046, -046m, -048; vgl. auch 13_3-026m) ist nicht nur eine Kampfparole, sondern auch der Titel eines bekannten Couplets aus Paul Linckes Kriegsoperette „Fräulein Kadett“. 
„Immer feste druff“ (15_7_1-038), ein Spruch, der gern dem Kronprinzen des Deutschen Reiches während des Krieges in den Mund gelegt wurde (13_1-020 und -022), stammt von Walter Kollo, bzw. den Librettisten Hermann Haller und Willi Wolff, die diese Parole aufgegriffen und 1914 zum Titel einer Kriegsrevue gemacht haben.

Der Rollentausch bürgerte sich bereits seit den 1830er Jahren im Theater ein und war als Attraktion für männliche Besucher gedacht. Knapp sitzende, eng gegürtete Jacken (15_7_1-037) Stiefel und Uniformhosen erhöhten den erotischen Reiz der militärisch kostümierten Damen, und in den Genuss dieses Vergnügens sollten nun auch die Soldaten kommen. Sprüche wie „Komm siegreich und gesund nach Haus! Dies wünscht dir deine kleine Maus“ ( 15_7_1-42) oder der aufmunternde Gruß „Servus Kamerad“ einer feldmäßig ausgerüsteten „Soldatin“ (15_7_1-045) sollten vermutlich die aufbauende Wirkung noch verstärken.

Das Theater mit seinem populären Flottenballett oder diversen Ballettcorps scheint Vorbild auch für jene Bildpostkarten gewesen zu sein, auf denen Frauen im Kostüm von Fliegern (15_7_1-027 bis -28n) oder Matrosen (15_7_1-031 bis -033) abgebildet sind.

Eine gewisse humoristische Note wird durch die übertriebene Darstellung militärischer Attribute erreicht. Die kriegsmäßige Ausstattung, wie z. B. Säbel (15_7_1-030m), Gewehr und Tornister (15_7_!-21) oder Schaufel („Schipp schipp Hurra, 15_7_1-022, -023me, -024 bis -026m), wird mit ungeschickten oder triumphierenden Posen vorgeführt. Außerdem werden in doppelter Hinsicht Leutnantsdarstellungen karikiert, indem man den Frauen ein Monokel (15_7_1-014, -015) verpasst oder sie mit einer Zigarette abbildet (15_7_1-008, -012, -023ma und -mc,-029, -030, -049 u.ö.).

Die in dieser Rubrik vorgestellten Gegenbilder offizieller weiblicher Idealvorstellungen lassen - zumindest in ironischer Brechung (15_7_1-047: „Wir stellen unsern Mann“) – erkennen, dass in Fragen weiblicher Berufsausbildung sich Veränderungen abzeichnen. Vor allem die Abbildung mit einer Ärztin, Postbotin, Schaffnerin, Schornsteinfegerin, Gebäudereinigerin, Bäuerin mit Peitsche u.a. und dem Kartentitel „Wir halten durch“ (15_7_1-045m) zeigt, wie der Erste Weltkrieg die Akzeptanz von Frauen in Männerberufen fördert. 
(Sabine Giesbrecht)

Literatur: Roswitha Flatz: Krieg im Frieden. Das aktuelle Militärstück auf dem Theater des deutschen Kaiserreichs. Frankfurt a. M. 1976, bes. S. 183-206.

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