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Ännchen von Tharau, samländisch-niederdeutsch Anke van Tharaw, ist der Titel eines volkstümlichen Lieds von Simon Dach. Es stammt aus dem Ostpreußen des 17. Jahrhunderts und besingt in 17 Strophen Anna Neander, die Tochter des Tharauer Pfarrers.
Anna Neander (* 1615 in Tharau; † 28. September 1689 in Insterburg) wuchs in einem evangelischen Pfarrhaus auf. Ihr Vater war Martin Neander. Sie verlor 1629 während des Dreißigjährigen Krieges beide Eltern und wuchs bei ihrem Onkel und Paten Stolzenberg in Königsberg auf. Dieser war der Besitzer der Königsberger Brauerei, in der die Mitglieder der Gesellschaft der Sterblichkeit Beflissener sich regelmäßig trafen. Hier hatte sie auch den Förderer der Gesellschaft, den aus dem damals schwedischen Livland stammenden Johann von Klingsporn kennengelernt, der wegen ihrer Schönheit um sie warb. Er beauftragte daher Simon Dach, seine Liebesverse für Ännchen von Tharau in das Königsberger Platt zu übersetzen. Dieser soll danach das „Ännchen“ auf einer Fähre näher kennengelernt haben.
Anna heiratete aber im Dezember 1636 den Pfarrer Johannes Portatius. Sie bezogen zunächst eine Pfarrstelle in Trempen (heute russisch: Nowostrojewo) im Landkreis Darkehmen, und 1641 an der Kirche in Laukischken (Saranskoje) im Landkreis Labiau, wo sie etwa 35 Jahre lang lebte. Ihr Mann starb 1646, nach dessen Tod heiratete sie den Nachfolger im Amt, den Pfarrer Christoph Grube. Dieser starb bereits nach sechs Ehejahren. Johann von Klingsporn, der seit 1641 auch die Bewirtschaftung des Gutes der Friedrichsburg übernommen hatte, ließ nun mit einer seiner Kompanien das Pfarrhaus und die Kirche renovieren und hielt als Witwer erneut um ihre Hand an. Aber Anna heiratete den nächsten Amtsnachfolger, Pastor Johann Melchior Beilstein. Hochzeiten dieser Art entsprachen der seinerzeit üblichen Pfarrwitwenversorgung.
Nachdem Ännchen auch ihren dritten Mann überlebt hatte, zog sie 1676 zu ihrem ältesten Sohn Friedrich Portatius, der Pfarrer an der dortigen Lutherkirche (Stadtkirche) war, nach Insterburg. Hier starb sie und wurde auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Heute erinnert ein Gedenkstein in einem Insterburger Park mit der Inschrift „Ännchen v. Tharau zum Gedenken“ in deutscher Sprache an sie.
Die ursprünglich in samländischem Niederdeutsch geschriebenen Verse Anke van Tharaw wurden anlässlich Anna Neanders erster Hochzeit mit dem Pfarrer Johannes Portatius im Dezember des Jahres 1636 verfasst. Als Verfasser des Textes gilt Simon Dach, zwischenzeitliche Zweifel an dieser Autorschaft gelten als widerlegt. Eine 1642 veröffentlichte erste Vertonung stammt von Heinrich Albert und basiert auf verschiedenen Versionen des Reigens Ännerlein von Torgen von 1590 eines unbekannten Komponisten. Das Gedicht wurde von Ankes Landsmann Johann Gottfried Herder verhochdeutscht und 1778 in Volkslieder nebst untermischten anderen Stücken (2º postum 1807 als Stimmen der Völker in Liedern) unter dem Titel Annchen von Tharau veröffentlicht. 1827 unterlegte Friedrich Silcher diese Verhochdeutschung mit einer neuen, heute allgemein bekannten Melodie. 1845 übersetzte Henry Wadsworth Longfellow das Gedicht ins Englische (Annie of Tharaw).
Heute steht im litauischen Klaipėda (früher: Memel) der Simon-Dach-Brunnen, der auch das Ännchen von Tharau darstellt.
1954 wurde nach Motiven aus dem Leben des historischen Ännchens ein Heimatfilm unter Regie von Wolfgang Schleif mit dem Titel Ännchen von Tharau gedreht. Zudem ist eine Rosensorte als Ännchen von Tharau benannt. Ferner schuf der Komponist Heinrich Strecker eine gleichnamige, 1933 in Breslau uraufgeführte Operette. Das Libretto von Bruno Hardt-Warden und Hans Spirk hat mit der Überlieferung kaum Ähnlichkeit und endet mit einem Happy-End für Simon Dach und Ännchen.