Wagnerdarstellungen
An den Porträts Richard Wagners kann man einen Entwicklungsprozess erkennen, der sich vor allem durch die Intention erklären lässt, mit der die Darstellungen hergestellt und veröffentlicht wurden. So zeigt sich, dass der junge Wagner auf Porträts stets von sensibler Einfühlung und einem zurückhaltenden Ausdruck geprägt ist. Später entwickelt sich Wagner zur Personifikation eines gesellschaftlichen Bedürfnisses der Selbstbestätigung in und durch Kultur und eine nationalen Identifikation. Damit einher geht der Wandel des noch von sensiblem und einfühlsamen Ausdruck geprägten Wagnerbildes hin zu einem repräsentativen "Herrscher-Bild" mit strengen, erhabenen Zügen. Die Porträt-Motive auf unseren Postkarten spiegeln diese Entwicklung.
Die Hersteller der Karten bezogen sich in ihren Darstellungen Wagners in der Regel auf bestimmte Vorlagen. Sie lehnten sich v.a. an Fotografien von Joseph Albert (Brustbilder), Franz Hanfstaengl (Brustbild mit Barett & Hüftbilder) und dem Atelier Elliot & Fry aus London (Brustbilder) an. Diese bekannten Motive werden immer wieder reproduziert, als Erinnerungsstütze herangezogen und leicht verändert. Auch das Zusammenfügen verschiedener Merkmale aus mehreren Darstellungen zu einem Porträt war gängige Praxis.
Jede Zeit macht sich ihr eigenes Bild von einem Komponisten und seinem Schaffensprozess. Während der Prozess des Komponierens bei Beethoven als ein angestrengter, beinahe verzweifelter Kampf mit sich selbst dargestellt wird, scheint Wagner zumeist erhaben und abgeklärt. Alternativ gibt es auch Abbildungen, in denen er am Schreibtisch sitzt und beinahe musterschülerhaft angestrengt den Kopf in die Hand stützt. Besonders charakteristisch für Darstellungen seines Kompositionsprozesses sind die "Wagner-Visionen". Auf ihnen wird nicht nur der Komponist gezeigt; oft schweben etwas abseits über seinem Kopf Figuren oder Szenen seiner Opern in strahlendem Licht, so als würden sie bei der Komposition vor seinem inneren Auge entstehen. Etliche Postkarten, die den Komponisten oder eine Szene aus einem seiner Werke zeigen, bilden auch einen kleinen Notenausschnitt ab. Dabei orientierten sich die Hersteller der Karten nicht so sehr an Leitmotiven dieser Szenen, sondern eher an der Bekanntheit der Musik.
Wagner selbst beeinflusste zu Lebzeiten sein Bild in der Öffentlichkeit, indem er entschied, welche Bilder und Fotographien verbreitet werden durften. So inszenierte er mithilfe seiner Verehrer einen Künstlertypus, der sich besonders nach seinem Tod durch erkennbare Sakralisierung und formelhafte Wiedererkennbarkeit auszeichnet. Diese Kategorie beschäftigt sich mit Fragen nach der Darstellung Wagners. Wie wird Wagner dargestellt? Welche typischen Merkmale sorgen dafür, dass wir Wagner erkennen? Woher stammen diese Merkmale eigentlich? Wie stellt man sich Wagner beim Komponieren vor und was sagt diese Vorstellung über sein Bild in der Öffentlichkeit aus? Außerdem beschäftigt sich diese Kategorie mit der interessanten Frage: Gibt es so etwas wie Wagner-Doubles?
Weitere Abteilungen der Ausstellung
1. Wagnerdarstellungen 2. Wagner und seine Umgebung 3. Wagners Opern
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