Beschreibung
Der Druck von Karten mit Liedern oder Darstellungen von Personen und Ereignissen aus der Zeit der Befreiungskriege (1813-1815) erfolgte in zwei Schüben: 1913 und 1914. Er begann mit dem hundertjährigen Jubiläum der Befreiungskriege im Jahr 1913, das eine Möglichkeit der Rückbesinnung auf ruhmreiche Zeiten der preußisch-deutschen Geschichte bot. Als herausragendes Ereignis ist die Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig hervorzuheben. Das Monument erinnert an die entscheidende Schlacht (16.-19. Oktober 1813), die mit dem Sieg der verbündeten Preußen, Österreicher, Russen und Schweden über Napoleon I. endete und in seinen charakteristischen Umrissen auf vielen Bildpostkarten zu sehen ist (z.B.
12_2_2-005). Vgl auch Abbildungen in Rubrik
12_3, National-Denkmäler).
Die Faszination, die Napoleon offensichtlich auf die Deutschen ausübte, ist jedoch auch auf Bildpostkarten unübersehbar (
12_2_2-009,
-009e, -
009ef,
009-efm,
-efn,
-efp und öfter)
Eine der Karten zeigt exemplarisch und mit der Zeitangabe „1813-1913“, wer zu „Preussens Erhebung“ beigetragen hat (
12_2_2-006p). Abgebildet ist der preußische König Friedrich Wilhelm III. mit Krone, Schwert und Zepter und der alten schwarz-weißen preußischen Fahne. Ihn begleitet das berühmte Lied von
Theodor Körner: „
Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“, sowie eine Abbildung des Lützowschen Freikorps, dem der Dichter angehörte. Über dem Monarchen sieht man den preußischen Adler heranfliegen, der das Eiserne Kreuz im Schnabel trägt. Diese erstmals 1813 von Friedrich Wilhelm III. gestiftete Ehrenzeichen war kein Orden, sondern ein Tapferkeitszeichen, das unabhängig vom Rang eines Soldaten vergeben wurde. In den Kriegen 1870/71 wurde es durch
Wilhelm I. und im Ersten Weltkrieg durch
Kaiser Wilhelm II. in leicht veränderter Form verliehen und spielt auf zahlreichen Bildpostkarten des Ersten Weltkriegs eine wichtige Rolle.
Andere Karten geben herausragende Persönlichkeiten der Zeit wieder. Als hochrangige Vertreter des Militärs sieht man z.B. Scharnhorst, von Bülow, von Kleist, Blücher, Gneisenau oder Graf York von Wartenburg sowie die Politiker Hardenberg und Freiherr vom Stein (
12_2_2-001 und
-002). Blücher (
12_2_2-011,
-012 und
12_2_2-038) oder von Bülow (
12_2_2-013m und
-013n) zeigt man gern als Anführer erfolgreich verlaufener Schlachten.
Als Helden gelten die Mitglieder des Schillschen Freikorps, welche eigenmächtig gegen die französischen Truppen zu Felde zogen. Der Tod
Ferdinand von Schills am 31.08.1809 in Stralsund und die Erschießung von elf seiner Offiziere in Wesel sind auf mehreren Karten wiedergegeben (
12_2_2-033,
-033m,
-034,
-034m oder
-035).
Die allseits beliebte Königin Luise, Gemahlin von Friedrich Wilhelm III. und Mutter der späteren Könige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. – letzterer seit 1871 auch deutscher Kaiser - ist auf relativ vielen Karten abgebildet (
12_2_2-003e,
-003k und öfter). Ihre Flucht nach Memel nach der verheerenden Niederlage Preußens in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 (
12_2_2-003km) sowie ihre legendäre Begegnung mit Napoleon im Juli 1807 in Tilsit (
12_2_2-003o,
-003om und
-003p)sind Thema mehrerer Karten.
Seit Beginn des Ersten Weltkrieges wurden Erinnerungen an die Völkerschlacht bei Leipzig und an zahlreiche Lieder der Befreiungskriege noch ein weiteres Mal reaktiviert und erschienen auch als Feldpost und mit aktuellen Illustrationen. Sie sollten die Franzosen als „Erbfeinde“ in Erinnerung bringen und erneut antifranzösische Ressentiments schüren.
Karten mit Liedzitaten sind besonders verbreitet, wobei die Lieder
Theodor Körners am häufigsten vertreten ist. Insbesondere sein „
Gebet während der Schlacht“ findet sich auf zahlreichen Bildpostkarten des Ersten Weltkriegs (vgl. unter anderem die Serien
12_2_2-025dm bis
-025do,
13_4-084 bis
-088 oder
13_4-089,
089a bis
-089e,
13_4-092rpm bis
-092rpr). Das Incipit „
Vater ich rufe dich“ wurde jedoch bereits auf Vorkriegskarten mit den verschiedenartigsten Bildmotiven ausgestattet (
12_2_2-025f,
-025fm und
-025fn), am eindrucksvollsten wohl durch ein Porträt des Dichters vor einem roten „Katastrophenhimmel“, das ihn als entschlossenen, opferbereiten Kämpfer zeigt (
12_2_2-025). Er weiß Gott auf seiner Seite und präsentiert sich der männlichen Jugend von 1914 als Vorbild eines ritterlichen und heldenhaften Soldaten. Sein Tod wird auf diversen Abbildungen eindrucksvoll dargestellt (
12_2_2-018,
-019,
-019m,
-020,
-023).
Andere Lieder Körners, wie z. B. das
Schwertlied (
12_2_2-021f,
-021m,
-021mm) oder „Lützows wilde Jagd“ (
12_2_2-024,
-024m,
-025m oder
-026), die vor allem in der Vertonung
Carl Maria von Webers bekannt wurden, sind ebenfalls auf Vorkriegskarten in fantasievollen Illustrationen erschienen. Am Beispiel des Liedes „
Das Volk steht auf, der Sturm bricht los“ lassen sich exemplarisch unterschiedliche Illustrationsweisen aufzeigen. Bei den vor Kriegsbeginn gelaufenen Beispielen (
12_2_2-006p und
-006pl oder
2_1_2_1-009af) erscheinen die kämpfenden Soldaten in historischen Uniformen, während die Weltkriegs-Karten (zum Beispiel
13_4-013am und
-013an) mit Männern in aktuellem Feldgrau aufwarten.
Unter den anderen Gedichten aus den Befreiungskriege findet man relativ häufig
Ernst Moritz Arndts „
Der Gott, der Eisen wachsen ließ“ (
12_2_2-008 oder
14_1-008), gelaufen auch zwischen 1914 und 1918. (
13_4-2-001,
-002bm und -bmm).
Max von Schenkendorff ist mit einem „Soldaten-Morgenlied“ vertreten (
12_2_2-032m) und besingt die Rolle des Eisernen Kreuzes (
12_2_2-032), während de la
Motte-Fouque mit seinem „Lied der freiwilligen Jäger“ (
12_2_2-029) und
Julius Mosen mit dem „Trompeter von Katzbach“ (
12_2_2-028) aufgeführt sind.
(Miriam Garmatter/ Sabine Giesbrecht)
Literatur:
Hagemann, Karen: „Männlicher Muth und teutsche Ehre“. Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der antinapoleonischen Kriege Preußens, Paderborn 2002.
Jöst, Erhard: „Weint nicht um mich, beneidet mir mein Glück“. Die Erinnerung an Theodor Körner und der Stellenwert seiner Lyrik. In: Österreich in Geschichte und Literatur, Band 46, Heft 4, 2002, S. 295-308.
Giesbrecht, Sabine: Deutsche Liedpostkarten als Propagandamedium im Ersten Weltkrieg. In: Lied und populäre Kultur, Jb. d. Deutschen Volksliedarchivs, hg. von Max Matter und Tobias Widmaier, Jg. 50/51, Münster u.a. 2005/2006, S. 55-97.